Was denkt die Welt über uns Frauen? Was denken wir über uns selbst? Und was macht das mit uns im echten Leben?
Kennst du das auch? Du hast eine Vision, einen Traum. Ja, er ist groß. Aber auch richtig cool. Und eigentlich weißt du, dass er erfüllbar ist. Du schmiedest Pläne, beginnst zu tun, bist voller Begeisterung. Und trotzdem ist da diese Stimme, die dir Dinge einflüstert wie “Du kannst das nicht”, “Das darfst du nicht” oder “Davon kannst du niemals leben”. Sätze, die sich in all den Jahren seit unserer Geburt in unser Unterbewusstsein eingeprägt haben und uns am Weiterkommen hindern. Wie ein kleiner ungestümer Affe turnen sie in unserem Kopf herum und prüfen, ob wir es wirklich ernst meinen. Ob wir dieses gute, erfüllte Leben wirklich wollen. Und lassen uns manchmal Bauchlandungen in Endlosschleifen produzieren. Plötzlich sitzen wir wieder alleine da, obwohl wir versucht haben, uns ganz auf die Beziehung einzulassen. „Traue keinem Mann. Ich hatte ja so recht“, jubiliert das Unterbewusstsein – meist ohne dass wir es mitbekommen. Was wir aber spüren, sind die unmittelbaren Konsequenzen unserer Überzeugungen. Bis wir uns irgendwann fragen: Was läuft hier eigentlich falsch? Das kann doch alles kein Zufall sein?
Damit wir verstehen lernen, was hier wirklich passiert, brauchen wir Zugang zu unserem Unterbewusstsein. Beginnen wir am Anfang: Frisch und vorurteilsfrei sind wir als Kinder mit einem Bauchladen durchs Leben spaziert und haben alles reingefüllt, was uns beeindruckt hat – positiv wie negativ. Mama steht unglücklich vorm Spiegel und findet sich permanent zu dick? Aha, verstanden, du musst schlank sein, um schön zu sein. Wenn ich wütend bin, muss ich alleine auf mein Zimmer? Ah, Wut ist also böse. Ich sage meine Meinung und werde dafür bestraft? Kombiniere: Ich darf nicht laut sein, muss mich anpassen, dann werde ich geliebt. Du strengst dich an aber bevor du die Aufgabe schaffst, wird sie dir schon abgenommen, weil du nicht schnell genug bist? Speichere: Ich kann das nicht. Oma hat gerne über den Opa geschimpft und gezetert, dass sie sich sowieso nicht auf ihn verlassen kann? Merke: Traue keinem Mann. Umgekehrt kann es Kindern das Leben ungemein erleichtern, wenn wir ihnen Dinge vermitteln wie: Es ist immer für dich gesorgt. Du kannst das. Du bist stark. Du bist mutig. Du darfst Fehler machen. Angst zu haben ist ok. Wut auch. Das Leben meint es gut mit dir. Du bist sicher. Hab Vertrauen. Du bist ein Glückskind.
Die Liste ist lang und oft sind es ganz kleine Dinge, die das kindliche System beeindrucken und direkt ins Unterbewusstsein wandern. Die Auswirkungen der weniger schönen Prägungen bekommen wir spätestens in der Pubertät und im Erwachsenenalltag zu spüren. Sie sind wie triefendes Fast Food für unser besagtes Monkey Mind. Der Affe hat Kirtag in unserem Kopfkarussell. Und wir werden immer unentspannter und müder. Aus einem kleinen „Ich bin Ich“ ist über die Jahre ein bunter Mix aus Rollen und Meinungen geworden und wir dürfen uns fragen: Stimmt das für mich? Was davon ist wirklich meins und wer bin ich wirklich?
Ich bin gut, so wie ich bin. Ein einfacher Satz und doch so mächtig. Selbsterkenntnismentor Equiano Intensio hat dazu in einem Podcast-Interview zum Thema weibliche und männliche Energien eine herrliche Geschichte erzählt: Kommt ein Junge auf die Welt, sieht sich um und denkt: „Oh wie kann mir diese Welt genügen“. Kommt ein kleines Mädchen auf die Welt, blickt um sich und denkt: „Oh, wie kann ich dieser Welt genügen?!“ Es mag ein wenig schubladisierend scheinen. Und mit Sicherheit gibt es auch viele Männer, in denen der limitierende Glaubenssatz wirkt. Aber im Kern liegt doch viel Wahrheit drin. Das Gefühl nicht gut genug zu sein, nicht schön genug, nicht klug genug, nicht schnell genug… läuft wie ein Schatten neben uns her. Und wir finden an jeder Ecke Beweise, dass unsere Überzeugung richtig ist. Das Faszinierende daran: Es funktioniert auch anders rum. Kehren wir die Denkmuster ins positive, reagiert auch unser Umfeld. Wir bekommen Komplimente, es öffnen sich plötzlich Türen, die lange verschlossen waren, unser Konto beginnt sich zu füllen, unsere Beziehungen werden harmonischer.
Wer schön sein will, muss leiden. Ein echter Mindfuck-Klassiker. Wer schön sein will soll lachen und das Leben genießen, wäre der viel wahrere Satz. Wer schön sein will, darf vor allem erstmal alle Prägungen ablegen, die uns diese Gesellschaft von Kind an auferlegen möchte. Wer hat festgelegt, dass wir nur schön sind, wenn wir schlank sind? Dass unsere Nasen klein und gerade und unsere Bäuche flach, unsere Brüste straff und unsere Körperhaare getrimmt sein müssen? All diese Programmierungen bedienen vor allem eines: die Konten der Kosmetik- und Schönheitsindustrie. Wer ihn noch nicht gesehen hat, möge sich bitte genüsslich chipsfutternd den aktuellen Film „Wunderschön“ einverleiben. Es ist sowas von Zeit für ein neues Schönheitsbewusstsein in dieser Welt. Es ist Zeit, das Wort Schönheit neu zu definieren, den Fokus vom Außen auf das Innen zu lenken und die Energie in fruchtbringendere Dinge als das ewige Vergleichen zu stecken. Sich die Frage zu stellen: Wer bin ich und wie möchte ich sein? Je näher wir uns selbst kommen, desto größer der Glow. Auch ohne aufwändiges Make-up.
Frauen sind bekanntlich besonders viel im Kopf unterwegs, jonglieren Bürotermine, Stundenpläne, Kochrezepte, Einkaufslisten… Obwohl das eigentliche Zuhause der weiblichen Superkraft unser Becken ist. Unser Verstand ist toll und wir dürfen ihn ehren. Aber er will im Team arbeiten – mit unserer Intuition, unserer Basis. Sind wir in unserer Mitte und gut verwurzelt, läuft der Laden meist wie von selbst. Das oft knappe Zeitbudget und limitierende Glaubenssätze bewirken aber häufig das Gegenteil. Streng dich an, sei stark, beeil dich, fordert die Gesellschaft. Fazit: Wir spannen an, machen uns eng, sind mit unsrer Energie im Kopf und versuchen Lösungen ausschließlich zu erdenken. Das kostet Kraft und produziert Ergebnisse, die unserer wahren Schöpferkraft bei weitem nicht das Wasser reichen können. Schaffen wir es hingegen, unseren Beckenboden bei der Arbeit zu entspannen und in Verbindung zu gehen, fließen die Ideen. Wir sind weich. Die Kraft kann aufsteigen und sich ausbreiten. Eine hohe Kunst und unsere wahre Natur, die wir wieder neu entdecken dürfen.
Eine echte Life-changing-Erkenntis: Wir haben es in der Hand, in welche Richtung wir unser Leben lenken. Unser Fokus ist mächtig und das Gesetz der Anziehung wirkt – positiv wie negativ. Unsere Gedanken und unsere Ausrichtung erschaffen unsere Realität. Wir kreieren oft Identitäten und glauben Dinge, die von unserem wahren Ich meilenweit entfernt sind. Ich muss alles alleine schaffen. Ich bin zu alt dafür. Ich bin eine schlechte Mutter. Ich bin ein Pechvogel. Ich bin es nicht wert… Die Liste ist unendlich und wir könnten ewig so weiter machen. Wollen wir aber nicht.
Wir wollen kraftvoll sein und machtvoll. Wir wollen gesund sein und glücklich. Wir wollen uns lieben und guten Gewissens auch mal Nein sagen. Wir wollen Schwäche zeigen und uns dabei gut fühlen. Wir wollen nicht länger perfekt sein. Wir wollen Fehler machen dürfen und uns trotzdem lieben. Wir wollen vertrauen und in unseren Partnern Weggefährten sehen. Wir wollen uns selbst vertrauen. Wir wollen uns gut fühlen, so wie wir sind. Und das Leben darf leicht und lustig sein. Zum Beispiel.
Doch wo anfangen? Ein ruhiger Platz im Wald, ein Meditationskissen und eine Hand aufs Herz können ein guter Anfang sein. Ein Ort, wo wir uns einfach mal die Frage stellen: Wer bin ich? Wenn ich meinen Namen, meine Erziehung, meine Ausbildung, meine Rollen, mein Selbstbild & Co. einfach mal zur Seite stelle? Wer bin ich wirklich? Und was denke ich über mich? Im nächsten Schritt ist es wichtig, die eigenen limitierenden Glaubenssätze zu entlarven und aufzuschreiben. Dann werden sie auf ihre Gültigkeit geprüft und in positive Überzeugungen umgewandelt. Essenziell dabei ist, die neuen Glaubenssätze nicht nur zu formulieren, sondern die Überzeugung mit einem inneren Bild in Verbindung zu bringen und mit allen Sinnen zu spüren, zu atmen, quasi zu inhalieren. Wichtig: Wir lassen das „wollen“ weg und formulieren in der Gegenwart: Du bist kraftvoll und machtvoll. Du bist schön. Du bist gesund und glücklich. Du hast Vertrauen. Du bist pure Lebensfreude (…) Ein Coaching kann dabei sehr hilfreich sein. Es gibt mittlerweile aber auch zahlreiche Online-Programme, die uns am Weg zu einem positiven Mindset unterstützen. Das macht Sinn, braucht Geduld und vor allem Training – mentales Training. Gedankenhygiene ist wie Yoga. Machst du es regelmäßig, wirst du immer beweglicher und du spürst den positiven Effekt überall im Leben. Nimmst du dir hingegen nur einmal im Monat für ein paar Minuten Zeit, beginnst du gefühlt jedes Mal aufs Neue. Es zwickt, es ist mühsam, es kommt kein Fließen zustande. Zu groß sind die Pausen, in denen der Geist wieder in den alten Mindfuck abdriftet.
Deine innere Ausrichtung und Achtsamkeit im Alltag sind dabei die halbe Miete. Denn du wirst deinen negativen Glaubenssätzen auch weiterhin begegnen. Willst du es so richtig und wirklich, dieses gute, erfüllte Leben, diese Liebe, diese Freude, diese Leichtigkeit? Der Affe ist hartnäckig, er kommt immer wieder. Schließlich hast du ihn dreißig oder mehr Jahre eifrig mit Junkfood gefüttert. Aber auch du darfst konsequent sein und ihm deine gewandelten Sätze und Geschichten immer wieder aufs Neue erzählen. Du darfst ihm sagen, dass du wertvoll und wunderbar bist, dass du das toll machst mit deinen Kindern, dass du ein großartiges Projekt auf die Beine gestellt hast, dass du alles schaffen kannst, was du dir wünscht. Immer und immer wieder. Bis er es irgendwann verstanden hat. Und du merkst, dass dein Leben ein Stück weit leichter, schöner und liebevoller geworden ist.
by: Antonia Pichler, erschienen im März 2022 auf femstories.com, einem Online-Magazin für Frauen.
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